GALANT gegen Jamming und Spoofing - Unterdrückung von Stör- und Täuschsignalen auf See

Mit gefälschten GPS-Signalen lassen sich Schiffe auf Abwege bringen. Werden Signale zur Schiffsnavigation gestört oder getäuscht, können Position und weitere kritische Daten wie beispielsweise Kurs und Geschwindigkeit beeinflusst werden. Forscher des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) erprobten im Rahmen des Projektes "Echtzeitdienste für die Maritime Sicherheit" in einer dreitägigen Messkampagne dazu nun neue Empfangssysteme und Verfahren zur Störunterdrückung. Mit diesen Systemen lassen sich zukünftige Stör- und Täuschversuche erkennen. Deren Einfluss auf Bordsensoren kann damit drastisch verringert werden, was wiederum zur Sicherheit des Schiffsverkehrs beiträgt.

Vom Labor auf die See

Die DLR-Wissenschaftler untersuchten auf der Ostsee erstmals die Eignung von Maßnahmen zur Störunterdrückung unter realen Bedingungen. Drei Tage war ein Team unter der Leitung des DLR-Instituts für Kommunikation und Navigation mit seinen Systemen auf hoher See. Die Kampagne zeigte wie und wie stark maritime Empfangsgeräte und Bordsysteme durch unterschiedliche Störungs- und Täuschungsmethoden beeinflusst werden können. "Darüber hinaus wollten wir mit den Messungen die Stellschrauben finden, mit denen sich die Systeme in Bezug auf ihre Störfestigkeit weiter verbessern lassen", erläutert Dr. Stefan Gewies, der DLR-Projektleiter der Messkampagne.

Die Systeme an Bord

Die moderne Schifffahrt verwendet heutzutage zum Navigieren vorwiegend Satellitennavigationssysteme wie beispielsweise GPS (Global Positioning System) oder zukünftig auch Galileo und Beidou. Die von Empfängern gelieferten Positions-, Geschwindigkeits- und Zeitdaten werden für wichtige Systeme an Bord benötigt: Das Electronic Chart Display and Information System (ECDIS) zum Beispiel stellt die Position des Schiffes auf einer elektronischen Seekarte dar und das Automatische Identifikationssystem (AIS) übermittelt die schiffseigenen Positions- und Navigationsdaten an andere maritime Verkehrsteilnehmer.

Jamming und Spoofing

Im Fall von Stör- oder Täuschversuchen wie Jamming oder Spoofing wird der Empfang des Signals bewusst gestört oder verfälscht. Während beim sogenannten Spoofing falsche Signale von einer anderen Quelle als dem Satelliten ausgesendet werden, um den Empfänger zu täuschen und damit die Navigation zu beeinflussen, überlagern Jammer das Satellitensignal mit einem Störsignal, was zu einem Ausfall der satellitenbasierten Navigation an Bord führen kann.

Jamming erfolgreich unterdrücken

Zu Beginn der DLR-Messkampagne auf der Ostsee produzierten Jammer künstliche Störsignale. Die Wissenschaftler nutzten dabei die Frequenz, auf der auch das amerikanische GPS sowie das europäische Galileo-Satellitensystem ihre Signale aussenden. Je nach Art des verwendeten Störsignals fiel das Standardbord-Equipment auf allen beteiligten Schiffen nach und nach aus, was der Bedienmannschaft nicht selten durch ein eindringliches akustisches Warnsignal mitgeteilt wurde.

Zur Unterdrückung der Störsignale nutzen die Wissenschaftler das GALANT-System, ein am Institut für Kommunikation und Navigation entwickeltes Antennensystem. Die Antennencharakteristik von GALANT erlaubt es, Störsignale räumlich auszublenden und gleichzeitig ein verbesserter Empfang der erwünschten Informationen bewirkt wird. So kann der Einfluss von Jammern drastisch verringert werden. "Konkret bedeutet dies, dass auch bei einer Störleistung, die bis zu sechs Größenordnungen stärker ist als das GPS-Nutzsignal, die Empfangssysteme der beteiligten Schiffe korrekte Positionsinformationen liefern", verdeutlicht DLR-Wissenschaftler Dr. Stefan Gewies.

Spoofer können Kollisionen herbeiführen

In einem Spoofing-Szenario wurden empfangene GPS-Signale von einem "Störschiff" über eine Antenne in Richtung eines zweiten Schiffes gesendet. Dies sorgte auf dem zweiten Schiff dafür, dass sowohl die eigene Position teils beträchtlich vom wahren Wert abwich als auch die vom "GPS-Kompass" gemeldete Ausrichtung. Teilweise zeigten die Bordinstrumente sogar die Position des "Störschiffs" als vermeintlich eigene Position an. Dabei stellten die Wissenschaftler an Bord des zweiten Schiffes noch nicht einmal einen Systemausfall fest - der täuschende Spoofing-Angriff wurde von den Schiffssystemen nicht als solcher registriert. "Spoofing stellt deshalb eine nicht zu unterschätzende Gefahr für den maritimen Nutzer dar", bemerkt Dr. Gewies und ergänzt: "Bleibt eine derartige Manipulation unbemerkt, stellt dies eine große Bedrohung dar, da die technischen Systeme an Bord das Kollisionspotential falsch bewerten können." Das GALANT-System des DLR konnte auch im Spoofing-Szenario die Abweichung von der erwarteten Richtung des Satelliten-Sendesignals zuverlässig erkennen und den Spoofer in Echtzeit nachweisen.

Während der Messkampagne wurde das GALANT-System erstmals mit einem weiteren am Institut entwickelten System gekoppelt. Die sogenannte PNT-Unit ist eine Verarbeitungseinheit für Navigationssignale im maritimen Bereich. Indem sie Informationen verschiedener Sensoren zusammenführt liefert sie navigationsrelevante Parameter wie Position, Kurs, Geschwindigkeit und Lage von hoher Zuverlässigkeit, Kontinuität und Robustheit und ermöglicht eine Fehlerbewertung der Informationen der Satellitensignale. Die PNT-Unit ist in der Lage, selbst bei einem Ausfall des Satellitenempfangs Positions- und Navigationslösungen zu liefern. PNT gekoppelt mit GALANT sorgte während der Versuche für eine durchgehend akkurate grafische Darstellung des Schiffes auf der elektronischen Seekarte.

Fernerkundung zur Personenrettung

Die Wissenschaftler des DLR stellten zudem das AIS-System auf die Probe. Personen in Seenot können über AIS-Rettungssender, sogenannte SARTs (Search and Rescue Transmitter), Notfallmeldungen per Funk übertragen. AIS SARTs sind mit einem integrierten GPS ausgestattet und können so anderen Schiffen, die sich in der Empfangsreichweite befinden und ebenfalls mit einem AIS-Gerät ausgestattet sind, ihre aktuelle Position mitteilen. Während der Messkampagne auf der Ostsee wurden verschiedene AIS SARTs auf "Drift-Dummies" - kleine schwimmende Plattformen, die das Treibverhalten einer Person im Wasser simulieren sollen - eingesetzt. Während der Jamming- und Spoofing-Szenarien untersuchten die DLR-Wissenschaftler die Auswirkungen der Störszenarien auf die Geräte.
 
Um die Positionsfehler des AIS erkennen zu können, verglichen die Forscher dessen Informationen mit Fernerkundungsdaten. Ein am Earth Observation Center (EOC) des DLR entwickeltes Programm fusioniert die Daten des Radarsatelliten TerraSAR-X mit den vom AIS erhaltenen Informationen. Dadurch kann die Schiffsposition, unabhängig vom GPS, direkt aus dem Satellitenbild ermittelt werden - die Abweichung von AIS-Daten und Satelliten-Schiffsdetektion konnten die Wissenschaftler so direkt miteinander vergleichen. Für das beteiligte Schiff BALTIC TAUCHER II ergab sich zum Zeitpunkt der Satellitenaufnahme beispielsweise eine Abweichung von rund 300 Metern.

Die Messkampagne

Die Messkampagne fand im Juni 2016 in einem speziellen Jamming-Testgebiet in der Ostsee statt. In diesem kleinen, von wenigen Schiffen frequentierten Gebiet können die Manipulation von Navigationssystemen und entsprechende Gegenmaßnahmen getestet werden. Bis zu vier Schiffe beteiligten sich zeitweise an den Versuchen. Die Messungen wurden vom DLR in Zusammenarbeit mit der Bundespolizei See, der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger, der Bundesnetzagentur und der Firma Baltic Taucher durchgeführt. Neben dem DLR-Institut für Kommunikation und Navigation waren auch das Earth Observation Center (EOC) des DLR sowie das DLR-Institut für Raumfahrtsysteme an den Messungen beteiligt.