Auf Sichtkontakt zur Wiesn

Das größte Volksfest der Welt versetzt München jedes Jahr wieder in einen Ausnahmezustand. Organisatoren, Sicherheits- und Rettungskräfte vor Ort sind bei derartigen Großveranstaltungen auf schnelle Lageinformationen zum Beispiel aus der Luft angewiesen. Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) zeigt, wie dies aus der Luft geschehen kann und hat hierfürdas Oktoberfest mit dem DLR-Forschungsflugzeug Dornier DO 228-212 überflogen und mit einem Kamerasystem des DLR fotografiert. Die große Menge an Bilddaten wurde dabei mit Hilfe des optischen Systems Free-Space Experimental Laser Terminal II (FELT II) optisch direkt zur Bodenstation in Oberpfaffenhofen übertragen. Neben dem erfolgreich getesteten Zusammenspiel zwischen Kamerasystem und optischem Datenlink dienen die gewonnenen Daten des Wiesnüberflugs als wertvolle Datengrundlage für die Analyse von Veranstaltungen mit großem Menschenaufkommen.

Vabene++, ein Projekt im Forschungsbereich Verkehr des DLR, unterstützt bereits seit einiger Zeit Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben im Umgang mit Großveranstaltungen, aber auch Katastrophenereignissen. Millionen Besucher aus dem In- und Ausland strömen während des Oktoberfests zum Feiern auf die Theresienwiese. Für Einsatz- und Rettungskräfte bedeutet das trotz langer Vorbereitung täglich neue Herausforderungen um Besucherströme effektiv zu leiten und die Rettungslogistik zu gewährleisten. Gerade in Zeiten mit hohen Besucherzahlen und langen Schlangen an Fahrgeschäften und Bierzelten können zum Beispiel Rettungsgassen in ihrer Funktion beeinträchtigt werden. In diesem Fall kann eine Lageerfassung aus der Luft Einsatz- und Rettungskräfte dabei unterstützen, den Überblick über die Gesamtsituation zu behalten und die Besucherströme gegebenenfalls umzuleiten. Um Entscheidungsträger mit zusätzlichen Informationen versorgen zu können, forscht das DLR im Projekt VABENE++ an Methoden und Technologien unter anderem zur Lageerfassung aus der Luft und Übertragung der Daten zum Boden.

Am letzten Wiesn-Freitag startete das Forschungsflugzeug Dornier Do228 des DLR in Oberpfaffenhofen, ausgestattet mit einem Kamerasystem und dem neuartigen System zur Datenübertragung, zu einem Flug über der Theresienwiese. Das verwendete Kamerasystem wurde am DLR-Institut für Methodik der Fernerkundung entwickelt und besteht aus drei Kameras, die während des Überflugs hochaufgelöste Fotos aufnehmen. Durch die Nutzung von handelsüblichen Kameras werden die Kosten niedrig gehalten. Dies ermöglicht den Behörden ihre Hubschrauber- und Flugzeugflotten in Zukunft mit einem solchem Kamerasystem auszustatten. Mit Hilfe von hochgenauen Positionsdaten werden die Bilder bereits während des Fluges weiterverarbeitet und erste Informationen, zum Beispiel zur Bewegungsrichtung der Menschenmengen, daraus abgeleitet. Um den Entscheidungsträgern vor Ort möglichst schnell die gewünschten Informationen bereit zu stellen, werden die gewonnen Bilder und Informationen direkt zum Boden übertragen. Dazu ist das Forschungsflugzeug mit einem am DLR-Institut für Kommunikation und Navigation entwickelten Laserkommunikationssystem, dem  FELT II, ausgestattet, das die Daten mit sehr hoher Datenrate per Laser zum Boden überträgt. Durch die Nutzung der optischen Kommunikation können die Zeitdauer zur Übertragung verkürzt und die Menge der übertragbaren Daten stark erhöht werden. So sind die Luftaufnahmen binnen Sekunden im Lagezentrum am Boden verfügbar.

Die gewonnen Daten ermöglichen es den Wissenschaftlern, Einsatz- und Rettungskräften, Flucht- und Rettungswege zu kontrollieren, Menschenströme und –ansammlungen zu erkennen und Wege für Rettungskräfte zu optimieren. Aber nicht nur Besucherströme stehen im Fokus der Forschung. Großveranstaltungen stellen auch ein Risiko für das Gesamtverkehrssystem dar, dem grade in Krisensituationen eine besondere Bedeutung zukommt. Für Großveranstaltungen werden lange im Voraus Szenarien entwickelt, um im Notfall schnell und effizient handeln zu können. Doch nicht immer bleibt Zeit zur Vorbereitung. Umso wichtiger ist es, Systeme zu entwickeln, die in Notfallsituationen schnell zum Einsatz kommen können. Auch das fällt in den Forschungsbereich des Projektes VABENE++.