A++ Set

Hintergrund

Oberstes Gebot beim Navigieren von Schiffen ist das Vermeiden von Kollisionen und Grundberührungen, um Leben, Güter und den maritimen Lebensraum zu schützen. Jedoch konnte im letzten Jahrzehnt eine nahezu unverändert hohe Anzahl an Schiffsunfällen beobachtet werden. Statistische Analysen zeigen, dass ca. 50% der Schiffskollisionen navigatorische Ursachen haben, wobei davon 65% durch den Menschen verursacht werden.  Hauptursachen in diesem Kontext sind eine unzureichende Situationserfassung (28%), ein fehlerhafte Beurteilung der Schiffsbewegung (17%) sowie Ermüdung und Überbelastung des nautischen Personals (13%). Mit automatisierten Assistenzfunktionen, die den Schiffsführer bei der Situationserfassung, der Lagebewertung und Entscheidungsfindung unterstützen, kann folglich das Risiko an nautischen Fehlentscheidungen und damit das Unfallrisiko reduziert werden. Die nach wie vor bestehende Notwendigkeit, durch geeignete Sicherheitsmaßnahmen das Unfallrisiko weiter zu senken, lässt sich aus Abbildung 1 ableiten.

Quelle: Southampton Solent UniversityAbb. 1: Jährliche Schiffsverluste von Schiffen mit BRZ > 100t

Die Internationale Maritime Organisation (IMO) hat die steigenden Anforderungen an die Sicherheit und Wirtschaftlichkeit des maritimen Transports frühzeitig erkannt und initiierte im Jahr 2006 die „e-navigation“-Strategie als internationales Arbeitsprogramm für die weitere Verbesserung des maritimen Verkehrssystems. In der ersten Phase (2009-2014) wurde ein Implementierungsplan erarbeitet und konsolidiert, um Nutzerbedürfnisse zu erfassen und geeignete Lösungsansätze zu identifizieren. Im Ergebnis wurden folgende 5 Themenschwerpunkte  für eine Implementierung in das maritime Verkehrssystem priorisiert:

  1. Verbessertes, international standardisiertes und nutzerfreundliches Design von Schiffsbrücken;
  2. Methoden für eine standardisierte und automatisierte Berichterstattung;
  3. Verbesserte Zuverlässigkeit, Störfestigkeit und Integrität von Brückensystemen und Navigationsinformationen;
  4. Integrative Darstellung von verfügbaren Informationen auf grafischen Displays;
  5. und verbesserte Kommunikation von VTS-Diensten.

Insbesondere für die Themenschwerpunkte (1) und (3) spielt die Integritätsbewertung von navigationsrelevanten Daten und die  applikationsbezogene Aufbereitung zugeordneter Integritätsinformationen eine entscheidende Rolle.  Sie sind eine notwendige Voraussetzung, um sicherheitsrelevante Assistenzfunktionen als auch eine standardisierte und automatisierte Berichterstattung (2) implementieren zu können. Im Jahr 2009 begann das DLR mit dem Projekt „Maritime Verkehrstechnik: E-Navigation Integrität“ (MVT) mit ersten F&E-Arbeiten, die auf die Gewährleistung der Daten- und Systemintegrität im PNT- als auch TSA-System ausgerichtet waren (PNT: Position, Navigation, and Time; TSA: Traffic Situation Assessment). Das Projekt A++Set (2014-2018) ist als Folgeprojekt für beide Themenbereiche zu verstehen.