Intelligente Ampeln für den Hamburger Stadtverkehr

In der Hamburger Innenstadt treffen viele Autos, Fußgänger und Fahrradfahrer aufeinander. Was sie alle eint: Sie müssen an vielen Ampeln warten, wenn sie von A nach B wollen. Um diese Wartezeit zu verkürzen und den Verkehrsfluss zu optimieren, werden auf der Hamburger Teststrecke für das automatisierte und vernetzte Fahren (TAVF)  zukünftig intelligente Ampelsteuerungen erprobt.

VITAL-Verfahren erstmals im innerstädtischen Raum

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR)  haben bereits vor etwa acht Jahren begonnen zwei neuartige Verfahren zur Steuerung von Lichtsignalanlagen zu entwickeln, die auf die zusätzlich verfügbaren Informationen der Fahrzeug-Infrastruktur-Kommunikation (V2I) ausgerichtet sind. Die Verfahren nutzen erstmals die Verlustzeiten der Fahrzeuge beziehungsweise prognostizierte Ankunftszeiten zur Optimierung der Grünzeiten an der Ampel. Diese sogenannten VITAL-Verfahren  wurden bereits an Kreuzungen in Stadtrandbereichen und im ländlichen Umfeld erfolgreich erprobt.

Jetzt gehen die Forschenden einen Schritt weiter und testen die Verfahren an einem komplexen innerstädtischen Knotenpunkt. Die Hamburger Kreuzung Rentzelstraße / An der Verbindungsbahn / Schröderstiftstraße wird stark von Fahrzeugen, Fußgängern und Radfahrern frequentiert. Dabei konnten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mittlerweile einen ersten Testlauf mit den VITAL-Verfahren im Realverkehr durchführen.

Kim Jannik Eggers, Projektleiter am DLR-Institut für Verkehrssystemtechnik, beschreibt die Herausforderungen: „An der Hamburger Testkreuzung müssen wir nicht nur eine optimale Schaltung für den motorisierten Verkehr entwickeln, sondern auch die Anforderungen der anderen Verkehrsteilnehmer wie Fußgänger und Radfahrer berücksichtigen. Darüber hinaus dürfen wir auch die Wechselwirkung mit benachbarten Lichtsignalanlagen an nahegelegen Kreuzungen nicht außer Acht lassen.“ Diese Rahmenbedingungen gilt es nun noch mit den Verfahren zu vereinen, bevor Eggers mit seinem Team eine längere Testphase starten kann.

Quelle: DLR An dieser Hamburger Kreuzung werden die VITAL-Verfahren erprobt.

Ideale Bedingungen auf Hamburger Teststrecke

Die für die Versuche ausgewählte Kreuzung liegt auf der Teststrecke für das automatisierte und vernetzte Fahren (TAVF) , die momentan unter der Leitung der Freien und Hansestadt Hamburg von einem Projektkonsortium aufgebaut wird. Dabei profitiert das DLR-Team von den bereits an der Strecke angebrachten Wärmebildkameras. Prinzipiell sollen die VITAL-Steuerungsverfahren über V2I mit den Fahrzeugen kommunizieren und so die Schaltung anpassen. Die Voraussetzung hierfür sind auf Seiten der Infrastruktur auf der TAVF ebenfalls bereits gegeben, jedoch ist die Anzahl an V2I-fähigen Fahrzeugen noch zu gering. Daher wird der zufließende Verkehr ersatzweise mit den Wärmebildkameras detektiert und daraus die benötigten Informationen für die Steuerung ermittelt.

Weniger Wartezeit für alle Verkehrsteilnehmer

In den nächsten Wochen werden die Ergebnisse des ersten Tests ausgewertet sowie die Verfahren an die verkehrsplanerischen Rahmenbedingungen der Stadt Hamburg und die Anforderungen der unterschiedlichen Verkehrsteilnehmer weiter angepasst. Die Ergebnisse sollen im Idealfall einen besseren Verkehrsfluss ergeben und dabei den Bedürfnissen aller Verkehrsteilnehmern – also auch Fußgängern und Fahrradfahrern – gerecht werden. Ziel ist es die VITAL-Verfahren an der Hamburger Testkreuzung schrittweise bis zum ITS World Congress  im Oktober 2021, unter anderem hinsichtlich der Nutzung realer V2I-Kommunikation, weiterzuentwickeln. Dort sollen die Ergebnisse im Rahmen der TAVF präsentiert werden.


Hintergründe zur Teststrecke für das automatisierte und vernetzte Fahren (TAVF)

In der Hamburger City entsteht eine mehrere Kilometer lange Teststrecke für das automatisierte und vernetzte Fahren (TAVF). Sie wurde für die Fahrzeug-Infrastruktur-Kommunikation (V2I) aufgerüstet. Mit zahlreichen Ausstattungsmerkmalen ermöglicht sie Fahrzeugherstellern, Technologieunternehmen und Forschungseinrichtungen die Erprobung von ITS-Anwendungen, Sicherheits- und Assistenzsystemen sowie automatisierten und vernetzten Fahrfunktionen im realen Verkehrsumfeld auf öffentlichen Straßen. Die Teststrecke ist charakterisiert durch realitätsnahe und somit anspruchsvolle Verkehrssituationen. So deckt sie neben einfachen Fahrmanövern im ein- oder mehrspurigen Mischverkehr auch komplexe Kreuzungstopologien mit verschiedensten Querverkehren ab.

Von der Hansestadt Hamburg sind der Landesbetrieb Straßen, Brücken und Gewässer (LSBG) (Projektleitung), die Hamburg Verkehrsanlagen (HHVA) und die Behörde für Wirtschaft und Innovation (BVI) an dem Projekt beteiligt.