Rail2X-Technologie für einen smarten Bahnverkehr

©DLR Eine Bedarfshaltestelle im Erzgebirge.

Die Fahrzeuge der Zukunft kommunizieren miteinander und mit der umliegenden Infrastruktur. Vehicle2Everything (V2X) heißt die Technologie, die dahinter steckt und dafür sorgt, dass Fahrzeuge beispielsweise Baustellenwarnungen oder Stauinformationen erhalten, um den Autofahrer rechtzeitig vor kritischen Situationen zu warnen. Bereits seit einigen Jahren forschen Wissenschaft und Industrie an der Entwicklung von Standardkomponenten, um eine schnelle Einführung in Serienfahrzeugen zu ermöglichen. Diese standardisierten Komponenten sollen in Kürze auch für den Bahnverkehr kostengünstig zur Verfügung stehen.

Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) wendet V2X in seinen Forschungen zum Bahnverkehr der Zukunft bereits seit einigen Jahren verkehrsträgerübergreifend auch für die Kommunikation zwischen Straße und Schiene an – von V2X zu Rail2X. Konkrete Anwendungsfälle im Zugverkehr wurden jedoch noch nicht umfassend getestet. Hier setzt das vom BMVI geförderte Projekt „Rail2X - Smart Services“ an. Das DLR-Institut für Verkehrssystemtechnik beschäftigt sich hierin gemeinsam mit seinen Projektbeteiligten mit der konkreten Nutzung von Rail2X. Hierbei werden drei sogenannte Anwendungsfälle (Service und Diagnose, Anrufschranke, Bedarfshalt) spezifiziert und bei der Erzgebirgsbahn in Sachsen getestet. Neben einer effizienteren Instandhaltung der Bahnanlagen steht die Erhöhung des Fahrgastkomforts an Bedarfshaltestellen im Vordergrund des Projekts.

Service und Diagnose für zustadsorientierte Instandhaltung

Im ersten Anwendungsfall „Service und Diagnose“ beschäftigen sich die Forscher mit der Erfassung und Sammlung von Infrastrukturdaten zu Service- und Diagnosezwecken. Hier steht die Kommunikation zwischen Zug und Infrastruktur im Fokus. „Ein Schaden an den Schienen oder beispielsweise im Gleisbett wird nicht immer sofort erkannt“, weiß Anna-Maria Ademeit, DLR-Projektleiterin. „Ein mit V2X-Standardkomponenten ausgerüsteter Zug kann während seiner regulären Fahrt über die Strecke Zustandsdaten der Infrastruktur sammeln und diese dann gleich nach Betriebsschluss an ein Rechenzentrum zur Auswertung übermitteln – so können Fehler schneller beseitigt und unnötige Zugausfälle vermieden werden.“ Diese neue Form der zustandsorientierten Instandhaltung ermöglicht eine kostengünstige Erfassung von Infrastruktur- und Instandhaltungsbedarfen.

Anrufschranke für eine sichere Querung

Im zweiten Anwendungsfall „Anrufschranke“ beschäftigt sich federführend die Siemens Mobility GmbH mit dem Informationsaustausch zwischen Fahrzeug und Bahnübergang. Ein herannahendes Fahrzeug kann mittels Rail2X eine Information an den Bahnübergang senden, dass es diesen überqueren möchte. Von dort wird die Information über bestehende Datenanbindungen an das Stellwerk weitergeleitet. Der Autofahrer erhält dann beispielsweise in seinem Head-Down-Display die Information, wann er den Bahnübergang überqueren kann. Ein Zug könnte so an einem Bahnübergang nicht mehr übersehen und meist tödlich endende Unfälle vermieden werden. Der Bahnübergang am Freibad in Markersbach ist von den Forschern hierfür mit einer prototypischen Schranke ausgestattet worden.

Bedarfsgerechter Halt spart Zeit und Kosten

Der dritte Anwendungsfall „Bedarfshalt“ ist besonders für regionale Eisenbahnstrecken interessant: Mittels Knopf an einer dynamischen Anzeigetafel am Bahnhof in Markersbach kann der Reisende dem herannahenden Zug mitteilen, dass er mitfahren möchte. Der Triebfahrzeugführer kann, in Abhängigkeit der entsprechenden Vorlaufzeit für das Absetzen des Haltewunsches, den Wunsch quittieren oder ablehnen. Erhält der Zug keine Meldung, kann er den Bahnhof ohne Halt passieren. So können Zeit und Kosten gespart werden.  „Diesen Anwendungsfall erproben wir aber auch direkt im Zug“, erklärt Ademeit. „Dafür werden im Waggon zusätzliche Taster installiert, an denen der Reisende seinen Haltewunsch absetzen kann. Über eine entsprechend geschaltete Anzeige im Fahrgastraum erhält der Reisende eine Rückmeldung Zug hält oder bei einem zu spät abgesetzten Haltewunsch Zug fährt durch.“, so Ademeit weiter.

 

©DLR Knopf für die Signalisierung des Haltewunsches

Noch bis 2020 fahren die Forscher zu Erprobungs- und Messfahrten in die Nähe von Schwarzenberg ins Erzgebirge. Auf einer 24 km langen Strecke im Schienennetz der DB RegioNetz Infrastruktur GmbH wird die Technik hinter den jeweiligen Anwendungsfällen erprobt.

Projektbeteiligte:

  • DB Systel GmbH
  • DB RegioNetz Infrastruktur GmbH Erzgebirgsbahn
  • Siemens Mobility GmbH
  • Hasso-Plattner-Institut der Universität Potsdam
  • DRALLE Systementwicklungen