Elektrisches Lastenkraftrad mit Schnellladesystem

Rendering aus dem CAD-Modell des Lastenrads mit Beladung © EMB Maschinenbau

An der Universität Ulm wurde am 21. Juli das weltweit erste elektrische Lastenkraftrad mit Schnellladefunktion und Rekuperation vorgestellt. Zwei 3m lange und 170kg schwere Fahrzeugdemonstratoren sind das Resultat eines vierjährigen Forschungsprojektes, das vom Institut für Mess-, Regel- und Mikrotechnik koordiniert wurde. Mitantragsteller des Projektes ist das Institut für Fahrzeugkonzepte des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR-FK). Beteiligt war außerdem die Biberacher Firma Elektromaschinenbau GmbH (EMB). Das neue Fahrzeug wurde zum Projektabschluss am Donnerstag, 21. Juli, dem Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus des Landes Baden-Württemberg vorgestellt. Das Landesministerium hatte das Projekt mit rund einer Million Euro gefördert .

Das elektrische Kleinkraftrad, bis zu 45 Stundenkilometer schnell, kann Nutzlasten bis 100 Kilogramm einfach, bequem und sicher transportieren. Das nutzerfreundliche Fahrzeug ist im sogenannten Long-Tail-Format konzipiert, das heißt die Last liegt zwischen Fahrer und Hinterrad. „Durch den tiefen Schwerpunkt bleibt das Lastenrad auch bei hohen Geschwindigkeiten stabil, was die Handhabung vereinfacht und zugleich die Fahrsicherheit erhöht“, erklärt Markus Schmitz, Geschäftsführer von EMB. Was diesen Elektrolastenroller weltweit einmalig macht, ist das speziell dafür entwickelte Schnellladesystem und die rekuparationsfähige Batterie. „Ein hochwertiges Batteriesystem mit aktivem Heiz- und Kühlsystem macht es möglich, die Batterie an einer herkömmlichen öffentlichen AC-Ladesäule innerhalb von 30 Minuten auf bis zu 80 Prozent aufzuladen. Das spart viel Zeit“, so Bastian Mayer, Projektverantwortlicher für ZEC-Bike vom DLR-FK. Eine weitere Besonderheit ist das sogenannte Onboard Schnellladegerät (OBL). Dieses macht es möglich, nicht nur im Stand, sondern auch während der Fahrt über eine Schukodose Strom für Verbraucher zur Verfügung zu stellen. Damit können beispielsweise Powertool-Akkus für Arbeitsgeräte geladen oder sogar Kühlaggregate betrieben werden, um verderbliche Ware frisch zu halten.

Die Kühlplatten werden auf die Stromableiter der Batterie genietet © DLR

Außerdem ist das Elektro-Bike mit Allradantrieb ausgerüstet, was nicht nur die Fahrsicherheit, sondern auch die Energieeffizienz steigert. Das Besondere: am Vorderrad, wo der Hauptteil der Bremsenergie anfällt, ist ebenfalls ein Elektromotor verbaut, der mittels Rekuperation, d.h. im Generatorbetrieb, die Bremsenergie größtenteils zurückgewinnt. Das heißt, die Batterie muss hohe Ladeströme durch das Bremsen im schnellen Wechsel mit Entladeprozessen zum Antreiben bewerkstelligen können, was nur durch die aktive Temperierung realisiert werden kann. Zudem ermöglicht der Allradantrieb die Verteilung des vom Fahrer angeforderten Antriebs- oder Bremsmoments in Abhängigkeit der Fahrsituation. Durch eine angepasste Verteilung kann die Fahrstabilität und damit die Sicherheit erhöht werden.

Für zusätzliche Fahrsicherheit sorgt das haptische Feedback am Lenker. Die an der Lenkstange verbaute Sensorik erfasst Lenkwinkel und Lenkmoment. Zudem werden über Sensoren die Kräfte ermittelt, die über die Last und den Fahrer auf das Lastenrad wirken. Aus den Sensordaten werden dann Schätzwerte für Rollwinkel, Lastgewicht und Trägheitsmoment abgeleitet. „Aus den Informationen zum Fahrzustand erkennt ein intelligenter Algorithmus kritische Situationen und wandelt sie in haptische Signale. Das hilft dem Fahrer dabei, problematische Fahrsituationen zu erkennen und gefährliche Lenkmanöver zu vermeiden, die das Fahrzeug zum Kippen bringen könnten“, erläutert Buchholz.

Um die Markteinführung zu beschleunigen, haben die Forschenden des DLR-FK nach geeigneten Geschäftsmodellen gesucht und diese für das elektrische Lastenkraftrad untersucht. Wie bereits erwähnt, wurde das Cargo Bike für eine Nutzlast bis zu 100 Kilogramm konzipiert. Die Ladefläche ist an das Format von Euro-Behältern (Grundfläche 60 mal 40 cm) angepasst. Große Nutzungspotenziale sieht das ZEC-Bike-Projektteam in der Kurier-, Express- und Paketbranche: vom gewerblichen Lieferdienst über den privaten Lastentransport bis zur kommunalen Nutzung. Und auch unterschiedliche Finanzierungsmodelle für die unterschiedlichen Zielgruppen wurden durchgespielt.

Die beiden jetzt fertiggestellten Fahrzeugdemonstratoren erlauben eine erste realitätsnahe Erprobung und Bewertung der entwickelten Konzepte als Basis für eine mögliche Ausentwicklung des Prototypen. Die Technik kann nun über einen Technologietransfer interessierten Unternehmen zur Verfügung gestellt werden, um auf dieser Grundlage solche Fahrzeuge in Serie herstellen zu können. Der zum Abschluss des Projektes veröffentlichte ZEC-Bike-Bericht steht allen Interessierten zur Verfügung