Mo­bi­li­tät oh­ne Fein­staub

Neben den Abgasen von Verbrennungsmotoren belastet auch Feinstaub die Umwelt. Im Verkehrsbereich entsteht Feinstaub während des Verbrennungsprozesses und durch den Abrieb von Reifen und Bremsen. Das Institut für Fahrzeugkonzepte entwickelt und testet im Projekt ZEDU-1 (Zero Emission Drive Unit – Generation 1) ein innovatives Fahrzeugkonzept. Sein Ziel ist es, den Ausstoß von Feinstaub so weit wie möglich zu vermeiden. In Kombination mit Energie aus erneuerbaren Quellen und elektrischen Antrieben kann Mobilität damit nahezu komplett emissionsfrei werden. „Wir konzentrieren uns auf Komponenten, die bisher wenig Beachtung gefunden haben. Im Fokus stehen eine feinstaubfreie Bremsanlage und das Absaugen und Aufnehmen von Reifenabrieb, so dass dieser nicht in die Umwelt gelangt“, beschreibt Projektleiter und DLR-Wissenschaftler Franz Philipps. Im Projekt arbeitet Institut mit dem Engineering Dienstleister HWA und dem Oberflächenspezialisten Langlet zusammen.

Projektziel: Kein Bremsabrieb, nur noch ein Bruchteil des Reifenabriebs

Der Abrieb von Reifen auf den Straßen ist weltweit für mehr als ein Viertel der Mikroplastik-Emissionen verantwortlich. Die kleinen Partikel gelangen bei Regen in die Kanalisation und damit in den Wasserkreislauf. Allein in Deutschland sind das rund 110.000 Tonnen im Jahr. Auch beim Bremsen entsteht Abrieb von Bremsscheiben und Bremsbelägen. Dieser besteht zu über 90 Prozent aus Teilchen mit geringer Größe, sogenannten ultrafeinen Partikeln. Diese gelten als besonders umweltbelastend und gesundheitsschädlich. Denn sie können tief in die Atemwege eindringen und sich dort ablagern. „Angesichts dieser Zahlen sind unsere Ziele ambitioniert: Wir wollen den Abrieb der Bremsen komplett vermeiden und den der Reifen um bis zu 90 Prozent reduzieren“, fasst Philipps zusammen. „Wichtig ist dabei, dass unser Konzept einen hohen Wirkungsgrad hat sowie möglichst kompakt, alltagstauglich und vielseitig einsetzbar ist. Es sich also direkt auf zukünftige PKW, Nutz- und auch Schienenfahrzeuge übertragen lässt.“

 

 Bremssystem und Radkasten komplett neu denken

Technologisch beschreitet das Projektteam neue Wege: „Wir nehmen die Bremse aus dem Rad heraus und integrieren sie in die Antriebseinheit. Das ermöglicht es uns, sehr kompakt zu bauen. In Kombination mit einer speziell entwickelten Hochleistungselektronik können wir die Bremsenergie nahezu vollständig zurückgewinnen, also rekuperieren“, beschreibt Projektleiter Philipps. Das Team untersucht und kombiniert dazu unterschiedliche Bremskonzepte. Einerseits, eine spezielle Art der Scheibenbremse: Sie arbeitet mechanisch und ist ein geschlossenes System. Die Bremsbeläge sind in einem Ölbad gelagert. Der Bremsabrieb landet im Öl, das laufend durch einen Filter gepumpt und gereinigt wird. Andererseits, eine Induktionsbremse: Sie funktioniert verschleißfrei und nutzt die Kraft von Magnetfeldern, um eine Bremswirkung zu erzeugen. Ein neu gestalteter Radkasten soll den Reifenabrieb minimieren: Er ist aerodynamisch so ausgelegt, dass beim Fahren ein Unterdruck entsteht. Der Abrieb sammelt sich an einer bestimmten Stelle. Ein Filtersystem nimmt ihn auf – ähnlich wie bei einem Staubsauger.

Prüfstand und Straße: Praxistests mit Versuchsfahrzeug

Im Laufe des Projekts bauen die Partner die entwickelten Komponenten als Demonstratoren auf. Die Forschenden integrieren diese in ein eigens aufgebautes Versuchsfahrzeug. Bei Testfahrten auf der Straße und auf dem institutseigenen Rollenprüfstand untersuchen sie dann, wie gut die neuen Komponenten den Ausstoß von Feinstaub unter realen Bedingungen senken. Für diese Tests arbeiten sie mit dem DLR-Institut für Verbrennungstechnik zusammen. Das Institut ist ebenfalls in Stuttgart beheimatet. Es verfügt über modernste Messtechnik und ein mobiles Messfahrzeug. Dieses kann vor allem auch Feinstaub bis in den ultrafeinen Bereich nachweisen und bestimmen. Im Fokus der Analysen stehen die Gesamtmenge an Feinstaubemissionen und die Größenverteilung der Partikel.

Das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau Baden-Württemberg fördert das Projekt mit insgesamt sechs Millionen Euro.