TAPAS: Modell für die zukünftige Nachfrage des Personenverkehrs im urbanen Raum

Das Verkehrsmodell TAPAS - Travel and Activity Patterns Simulation - liefert Daten zur zukünftigen Entwicklung der Personenverkehrsnachfrage in urbanen Räumen. Die Grundlage bilden soziodemografische Daten und Informationen zur Zeitverwendung von Personen, in denen das individuelle Verkehrsverhalten dokumentiert ist. TAPAS dient zur Abbildung und Bewertung von Maßnahmen und veränderten Rahmenbedingungen, welche die Nachfrage im Personenverkehr und die Infrastruktur beeinflussen. Dieses geschieht im Sinne einer nachhaltigen Verkehrspolitik, die zugleich ein hohes Maß an Mobilität gewährleistet.



 

Für den Zeitraum von 2010 bis 2030 prognostiziert das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) im Bundesverkehrswegeplan 2030 einen Anstieg der Verkehrsleistung im Personenverkehr, der wichtigsten Kenngröße zur Bestimmung der Verkehrsentwicklung, von 12,2%. Demnach steigt die Anzahl der Personenkilometer, also die zurückgelegte Strecke aller Personen in allen Verkehrsmitteln, im motorisierten und nichtmotorisierten Verkehr in Deutschland von 1117,3 Milliarden Kilometern im Jahr 2010 auf 1261,7 Milliarden Kilometern im Jahr 2030. Die Verkehrsleistung im motorisierten Individualverkehr nimmt dabei um 9,9 % Prozent zu. Diese Entwicklungen verlaufen aber nicht gleichmäßig in Deutschland. Es gibt große Unterschiede zwischen ländlichen Regionen und Großstädten sowie aufgrund verschiedener demographischer Entwicklungen innerhalb Deutschlands. Daher ist es für die Bewertung der zukünftigen verkehrspolitischen Maßnahmen besonders wichtig ein möglichst differenziertes Bild des Verkehrsverhaltens zu haben.

Verkehrsnachfrage

Die Verkehrsnachfrage ist ein Ausdruck des menschlichen Bedürfnisses, am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. Jeder Verkehrsteilnehmer trifft dabei Entscheidungen hinsichtlich der Wahl der Zielorte und der Verkehrsmittel. Eine steigende Verkehrsleistung benötigt Konzepte, die im Sinne einer nachhaltigen Strategie die Mobilität des einzelnen Verkehrsteilnehmers für eine gesellschaftliche Teilhabe gewährleisten.

Das Institut für Verkehrsforschung bearbeitet mehrere Projekte, in denen Szenarien für eine nachhaltige Verkehrsentwicklung entwickelt und analysiert werden. Dabei werden mögliche verkehrliche Maßnahmen auf ihre Wirksamkeit geprüft. Vor diesem Hintergrund hat das Institut für Verkehrsforschung das Verkehrsmodell TAPAS (Travel and Activity Patterns Simulation) entwickelt, das die zukünftige Nachfrage im Personenverkehr untersucht.

Prognose

TAPAS ermöglicht es, denkbare zukünftige Entwicklungen der Verkehrsnachfrage unter veränderten Rahmenbedingungen, etwa durch den demographischen Wandel oder veränderte Einkommensstrukturen darzustellen. Das Modell dient zur Abbildung und Bewertung von Maßnahmen, welche die Nachfrage im Personenverkehr und die Infrastruktur beeinflussen, zum Beispiel veränderte Kosten im Verkehr oder ein anderes Angebot im Öffentlichen Nahverkehr. Darüber hinaus sind von TAPAS wichtige Erkenntnisse über die Akzeptanz von Bevölkerungsgruppen hinsichtlich innovativer Fahrzeuge, Kraftstoffe und Mobilitätskonzepte zu erwarten.

Datengrundlage

Als mikroskopisches Modell geht TAPAS vom Verkehrsverhalten einzelner Personen aus. Empirische Raum- und Strukturdaten, Informationen zur Zeitverwendung sowie Angaben über die Nutzung von Verkehrsmitteln bilden die Basis für eine realistische Abbildung der heutigen und künftigen Nachfrage durch TAPAS. Die Zeitverwendungsdaten der aktuellen Version von TAPAS stammen aus einer repräsentativen Erhebung zum Mobilitätsverhalten der Deutschen im Alltag, „Mobilität in Deutschland (MiD)“ aus dem Jahr 2017. Dabei haben 316.000 Personen aus 156.000 Haushalten ihre Tagesabläufe, inklusive der Verkehrsaktivitäten, in Tagebüchern geschildert. Jedes Tagebuch berichtet von der Art und Dauer der jeweiligen Aktivität. Erhoben wurden außerdem soziodemografische Merkmale und die Ausstattung der befragten Haushalte mit Verkehrsmitteln.

Die MiD bildet eine weitere wichtige Datenquelle für TAPAS bei der Wahl des Verkehrsmittels und der Reiseweiten. Die MiD wurde 2002, 2008 und 2017 im Auftrag des BMVI erhoben und enthält über 960.000 Verkehrswegeinformationen in Form von Wegedatenbüchern.

Synthetische Bevölkerung

TAPAS verwendet als wesentliches Grundelement eine synthetische Bevölkerung für einen bestimmten Untersuchungsraum. Auf der Grundlage vorhandener Daten für ein bestimmtes Untersuchungsgebiet wird bestimmt, wie viele Personen dort leben, auf wie viele Haushalte sie sich verteilen und welche soziodemografischen Merkmale sie aufweisen. Anschließend wird für jede Person der synthetischen Bevölkerung anhand der Tagebücher aus der Zeitbudgeterhebung festgelegt, welchen Aktivitäten sie im betrachteten Zeitraum nachgeht.

Aktivitäten

Alter, Geschlecht, Erwerbsstatus und Pkw-Verfügbarkeit sind hierfür entscheidende Kriterien. Es entstehen Wegeketten, die eine Reihe von Ortsveränderungen über den Tag beschreiben, die sich aus der Abfolge von Tätigkeiten im Tagesverlauf ergeben. Auf Basis dieser Wegeketten und der Personen- und Haushaltseigenschaften bietet TAPAS zahlreiche Möglichkeiten, um Maßnahmen und deren Auswirkungen auf einzelne Verkehrsteilnehmer innerhalb des Modells zu ermitteln.

Als Ergebnis der Berechnungen liegen Fahrtenlisten für einzelne Mitglieder der synthetischen Bevölkerung vor. Diese enthalten den Start und das Ziel der Fahrt, die überbrückte Distanz, den Wegezweck und das gewählte Verkehrsmittel. Daraus lassen sich Kenngrößen ableiten und weiterverarbeiten, die Aufschlüsse über zu erwartende Verkehrsaktivitäten geben.

Wofür wird TAPAS eingesetzt?

Die in TAPAS abgebildete synthetische Bevölkerung und ihr Verhalten sind gegenüber einer Vielzahl von Einflussfaktoren wie z.B. dem Verkehrsangebot mit Preisen, Reiseweiten und -dauern, dem Einkommen, den geplanten Aktivitäten über den Tag, der Lage von Wohn- und Aktivitätsorten sensitiv. Dadurch ist TAPAS in der Lage, die Auswirkungen sehr unterschiedlicher verkehrlicher und verkehrspolitischer Maßnahmen wie auch die der soziodemografischen Entwicklung zu prognostizieren.

Somit ist TAPAS ein wichtiger Bestandteil von Analyseinstrumentarien, die Maßnahmen und Wirkungen einer zukünftigen nachhaltigen Verkehrspolitik abbilden und einschätzen. Beispielsweise wurde TAPAS im Rahmen des vom Institut für Verkehrsforschung und dem Öko-Institut durchgeführten Forschungsvorhabens RENEWBILITY 1-3 „Stoffstromanalyse nachhaltige Mobilität im Kontext erneuerbarer Energien bis 2030“ genutzt. Dabei wurden Berechnungen zur Nachfrage im Personenverkehr für die Regionen Berlin, Hamburg, Braunschweig und Main-Rhön für das Jahr 2030 im Vergleich zu 2005 angestellt. Hieraus konnten auch Rückschlüsse auf die Verkehrsentwicklung in ganz Deutschland gezogen werden.

Weitere Projekte der Bundesministerien, bei denen TAPAS eingesetzt wurde, waren Simulation von Vernetzung des Verkehrsverhalten mit dem Energiesektor im Projekt ENavi „Energiewende-Navigationssystem zur Erfassung, Analyse und Simulation der systemischen Vernetzungen“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF), Move Urban „Flächeneffiziente Siedlungs- und Mobilitätskonzepte in wachsenden urbanen und neuen suburbanen Quartiere“ (BMBF) und RAMONA „Realisierung automatisierter Mobilitätskonzepte im öffentlichen Nahverkehr“ (BMVI).

Darüber hinaus wurde TAPAS in mehreren Projekten aus der Wirtschaft und für interne Studien eingesetzt.

Tutorial Videos

Video #1

Video #2