Final Event im Projekt KI Delta Learning

Autonomes Fahren: Künstliche Intelligenz (KI) besser trainieren und skalieren

  • Neue Methoden: „Delta Learning“ ermöglicht effizientes KI-Training
  • Bereits trainiertes und abgesichertes Domänenwissen kann auf neue Domänen übertragen werden
  • Bessere Anpassungsmöglichkeiten und effektiverer Einsatz automatisierter Fahrfunktionen in der „Open World“

Das Förderprojekt KI Delta Learning liefert neue Forschungsergebnisse zur Skalierbarkeit von KI im Bereich autonomes Fahren. Die Forschungsergebnisse des Verbundprojekts werden heute im Rahmen der Abschlussveranstaltung bei Mercedes-Benz in Stuttgart-Vaihingen vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) und den weiteren 16 Projektbeteiligten präsentiert.

Hoch- und vollautomatisierte Fahrzeuge sind mit einer großen Vielfalt komplexer Situationen in einer sich ständig weiterentwickelnden Mobilitätswelt konfrontiert. Ein großes Forschungsfeld stellt die Umfeldwahrnehmung (Perzeption) dar. In diesem Bereich ist KI eine Schlüsseltechnologie. Sie hat in den vergangenen Jahren große Fortschritte gemacht, mit denen die Umfeldwahrnehmung als Basis für Assistenzsysteme bis hin zur kompletten Übernahme von Fahrfunktionen deutlich weiterentwickelt werden konnten.

KI für die Anwendung im Bereich autonomes Fahren wurde bisher nur für bestimmte Verkehrsszenarien wie beispielsweise „Autobahnfahren bei gutem Wetter“ trainiert. In diesem Szenario (Domäne) arbeitet die KI zuverlässig. Damit sie in anderen Umgebungen wie beispielsweise „Autobahnfahren bei Regen“ funktioniert, müssen KI-Algorithmen für diese neue Domäne erneut trainiert werden, was sehr hohe Entwicklungskosten verursacht. Im Projekt KI Delta Learning sind daher nicht zuletzt neue Ansätze des maschinellen Lernens untersucht worden, die ein effizienteres Training von KI-Modulen ermöglicht.

Effiziente KI-Trainingsmethode: Deltas lernen

Ziel des Förderprojektes war es, durch Übertragung von vorhandenem Wissen sogenannte Deltas zu lernen – also die unterschiedlichen Anforderungen zwischen einer vertrauten Domäne und einer neuen Zieldomäne. Das Lernen der Deltas hilft die gegenwärtigen Lücken zu schließen, die den Technology Readiness Level (TLR) autonomer Fahrzeuge begrenzen und so den breiten Einsatz von KI im Bereich autonomes Fahren hemmt.

Im Projekt sind neue, disruptive KI-Trainingsmethoden untersucht, entwickelt und angewendet worden. Diese ermöglichen der KI zusätzliche Anforderungen zu lernen und an den automobilen Kontext anzupassen. Wenn sich die Domäne verändert, werden bereits erlerntes Wissen sowie getestete und abgesicherte Entwicklungsstufen beibehalten. Vor dem Hintergrund immer kürzerer Innovationszyklen sowie im Hinblick auf die sich stetig verändernde Mobilität, erweist sich dieser Ansatz als effizient.

Zu den Deltas, die im Projekt adressiert wurden, gehören verschiedene Sensoren, unterschiedliche Verkehrsszenarien – von Landstraßen bis hin zu komplexen Stadtverkehren, verschiedene Länder, unterschiedliche Tages- und Jahreszeiten und Wetterbedingungen, langfristige Verkehrsverschiebungen durch neue Mobilitätskonzepte, neuartige Straßenfahrzeuge und Geräte wie beispielsweise E-Scooter oder Lastenräder – und nicht zuletzt die kontinuierliche Weiterentwicklung von KI-Methoden wie bessere Trainingsstrategien und effizientere neuronale Netzwerke.

Projektschwerpunkte: Daten, Transferlernen, Didaktik, automobile Eignung

Um die Grundlage für die Entwicklung in diesen Lernfeldern zu ermöglichen, wurde ein spezifisches, auf die Projektziele zugeschnittenes, Datenset erzeugt und annotiert. Das ist notwendig, um die geforderten Deltas unter Berücksichtigung des Datenschutzes abzudecken. Aus diesem Grund wurden sowohl reale Fahrdaten aufgezeichnet als auch synthetische Daten erzeugt.

Transferlernen ist eine Methode des Maschinellen Lernens, mit der sich Domänenwissen übertragen lässt. Sie wird im automobilen Bereich immer wichtiger, weil sie die Genauigkeit der Perzeption autonomer Fahrzeugsysteme verbessert. Im Projekt wurde die Methode angewendet um die Leistung von Fahrzeugen insgesamt zu verbessern.

Didaktik ermöglicht Lernen durch Strukturieren des Lernprozesses. Was in der Schule gilt, gilt auch für das Trainieren neuronaler Netze. Dafür werden annotierte Daten benötigt, was bisher durch Menschenhand erfolgt ist. Im Projekt wurden Ansätze entwickelt, um nicht nur mit weniger, sondern auch mit kaum bis gar nicht annotierten Daten lernen zu können. Hinzu kamen Ansätze für schnelleres Lernen durch optimierte Netzarchitekturen sowie verbesserte Lernprozesse.

Um KI-Systeme für die automobile Anwendung zu entwickeln hat sich allgemein durchgesetzt, dass KI-Funktionen im Labor entwickelt, trainiert und verifiziert werden, mit Fahrdaten, die zuvor aufgezeichnet wurden. Daraus ergeben sich zwei Probleme: Zum einen sind die Höchstleistungs-Computerhardware im Labor und die im Fahrzeug eingebettete Hardware sehr verschieden, und zum anderen können die Verkehrssituationen, auf die das Fahrzeug in der Realität trifft, durchaus von den aufgezeichneten Trainings- und Testdaten abweichen. Im Projekt KI Delta Learning wurden beide Probleme adressiert, um die Zuverlässigkeit von KI-Systemen für autonome Fahrfunktionen zu gewährleisten sowie die Robustheit von KI-Systemen gegenüber unerwarteten und unbekannten Szenarien zu erhöhen.

KI-basierte Mustererkennung beim DLR

Das DLR-Institut für Verkehrssystemtechnik und das DLR-Institut Systems Engineering für zukünftige Mobilität haben im Projekt Forschungsarbeiten im Bereich der KI-basierten Mustererkennung durchgeführt. Hier ging es insbesondere um die Erkennung von Fahrzeugen und anderen Objekten mit Fahrzeugkameras. Die Forschungsthemen sind unter anderem:

  • Erhöhung der Perzeptionsqualität (bessere Erkennung, Vermeidung von Fehldetektionen)
  • Erkennung von Umgebungssituationen, die einen Einfluss auf die Sensordatenauswertung haben (u.a. Wetterbedingungen)
  • Nutzbarmachung von synthetischen Daten (Simulatoren) für das maschinelle Lernen
  • Optimierung der rechen- und speicherplatzintensiven KI-Methoden für eingebettete Systeme (Ziel: kleine Fahrzeugcomputer)

Dazu wurde im Projekt ein Fahrzeug mit einer Vielzahl von Sensoren aufgebaut und auf Messfahrten erprobt. Hierbei hat das DLR mit einem eigenen Forschungsfahrzeug und mit den Großanlagen unterstützt. Die Forschenden haben mit zwei Fahrzeugen Versuche am Testfeld Niedersachsen (A39), am Ernst-Ruska-Ufer in Berlin und an der Forschungskreuzung in Braunschweig durchgeführt. Mit beiden Fahrzeugen und den Infrastrukturanlagen wurden synchrone Daten aufgenommen, um Perzeptionsverfahren für das automatisierte Fahren zu bewerten und weiterzuentwickeln.

KI Delta Learning verfolgt einen kooperativen Forschungsansatz

KI Delta Learning ist eines von vier Projekten (KI Absicherung, KI Delta Learning, KI Wissen und KI Data Tooling) unter dem Dach der KI Familie. Die KI Familie wurde von der VDA-Leitinitiative Autonomes und Vernetztes Fahren initiiert und entwickelt. Unter diesem Dach werden 80 Beteiligte aus der Wissenschaft und der Industrie vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) gefördert.

Alle Projekte der KI Familie arbeiten zusammen. Man teilt praktisches Wissen in der vorwettbewerblichen Zusammenarbeit. Das ist essenziell in einem sich rasant verändernden Umfeld mit hoher Komplexität und starkem Wettbewerbsdruck. Ergebnisse über Projektgrenzen hinweg auszutauschen bedeutet, schneller Wissen im Bereich Spitzentechnologie aufzubauen zum Nutzen der Industrie, der Forschung und der Gesellschaft. Das gemeinsame Verständnis vorwettbewerblich Erkenntnisse zu teilen, hilft jedem Beteiligten technologisch auf der Höhe der Zeit zu bleiben und vervielfacht Ressourcen und Investitionen jedes einzelnen.

Mehr unter: https://www.ki-deltalearning.de/
sowie: https://ki-familie.vdali.de/
https://www.ki-absicherung-projekt.de/
https://www.kiwissen.de/
https://www.ki-datatooling.de/


Fakten & Zahlen des Projekts:

Konsortialführerschaft und Projektkoordination: Mercedes Benz AG
Projektlaufzeit: 01.01.2020 bis 30.04.2023 / 40 Monate

 

17 Projektbeteiligte insgesamt, davon

9 Industriebeteiligte: Mercedes Benz AG, BMW Group, Cariad, Porsche Engineering, Valeo, ZF, Bosch, CMORE, InnoSent
6 Hochschulbeteiligte: Bergische Universität Wuppertal, Hochschule Reutlingen, Technische Universität München, Universität Freiburg, Universität Stuttgart, Eberhard Karls Universität Tübingen
2 Forschungsinstitute: Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), Forschungszentrum Informatik (FZI)
Projektbudget: € 26,1 Mio.
Förderanteil: € 15,8 Mio.
Gefördert vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK)

 
Externe Beteiligte:
EICT GmbH, DXC, Technische Universität Braunschweig, Universität Ulm


Im Projekt haben 300 Personen in 6 Teilprojekten an 21 Arbeitspaketen gearbeitet. Die Forschungsarbeit brachte 90 Publikationen hervor.