VMo4Orte – Vernetzte Mobilität für lebenswerte Orte

Mobilität von Personen und Gütern sind grundlegende Voraussetzungen für lebenswerte, klimarobuste und wettbewerbsfähige Städte und ihr Umland. Gleichzeitig sind die negativen Folgen des entstehenden Verkehrs durch Luft- und Lärmbelastung, die Gestaltung und Verteilung des städtischen Raums, so wie die Verkehrssicherheit dabei große Herausforderungen für das Erreichen von Klimazielen im Verkehrssektor und dem Entstehen attraktiver, lebenswerter Orte. Lebenswerte Orte sind klimagerecht, umweltfreundlich, ressourcenschonend, gerecht, inklusiv und sicher und ermöglichen langfristig eine hochwertige Mobilitäts- und Lebensqualität, eine gute Erreichbarkeit und sichern die Mobilitätsteilhabe für alle. Für ihre Entstehung bedarf es einer systemischen Transformation der Mobilität unter Berücksichtigung neuer Mobilitätsangebote, städtischer Strukturen, politischer und gesellschaftlicher Rahmenbedingungen und individueller Verhaltensänderungen.

Lösungsbausteine für lebenswerte Orte

Mit dem Forschungsprojekt VMo4Orte bieten wir Lösungsbausteine, mit deren Hilfe man einen Beitrag zur Transformation des Verkehrssystems leisten kann. Hierzu forschen wir gezielt über mehrere Bereiche hinweg und ausgehend von einer systemischen Perspektive, die durch unsere interdisziplinäre Expertise unterfüttert wird:

Die Lösungsbausteine reichen über die Erforschung und Weiterentwicklung

  • intermodaler Verkehrsnetze und -knoten,

  • digitaler Mobilitätsmanagement- und Navigationsangebote,

  • nutzerorientierter Geschäftsmodelle für Mobilitätskonzepte,

  • neuer Gesamtfahrzeugkonzepte für die Straße und Schiene,

  • Umgestaltungs- und Mobilitätskonzepte für Personen und Logistik in urbanen Räumen

  • bis zur ökonomischen Bewertung dieser und der Ableitung politischer Maßnahmen zur Beratung zukünftiger Transformationsstrategien.

Dies geschieht mit Blick auf inklusive und diversitätsorientierte Mobilitätsanforderungen an Personen- und Güterverkehrssysteme. Die einzelnen Lösungsbausteine werden daraufhin zu bereichsübergreifenden Mobilitätskonzepten für urbane Räume in Quartieren, Städten oder Regionen integriert und in praxisnahen Anwendungen unter Beteiligung von Stakeholdern weiter erarbeitet. Die im Zentrum stehende übergeordnete Frage des Forschungsprojekts zielt darauf ab, zu untersuchen, wie das bereichsübergreifende Zusammenspiel der Lösungsbausteine zu Mobilitäts- und Logistikkonzepten in einem gemeinsamen und transformativen Dialog mit Stakeholdern gelingen kann, sodass langfristig lebenswerte, klimarobuste und wettbewerbsfähige Orte gestaltet werden können.

Übertragbarkeit und Praxisbezug durch Demonstratoren

Für die Übertragung der teils experimentellen und praxisbezogenen Mobilitätskonzepte und ihrer Lösungsbausteine aus den verschiedenen Anwendungs- und Forschungsbereichen werden im Projekt insgesamt sechs Demonstratoren getestet. Für die spätere Anwendung und Übertragung auf reale Gegebenheiten ist die Einbindung der Mobilitätsbedarfe und Anforderungen sowohl der Bevölkerung als auch von Stakeholdern wie Verkehrsunternehmen und öffentlichen Institutionen und Kommunen sowie Unternehmen aus dem Mobilitäts- und Logistikbereich wichtig. So werden beispielsweise im Demonstrator „Mobilitätswende vor Ort“ in einem Quartier Umgestaltungsmaßnahmen mit Blick auf die Veränderungen der Lärmbelastungen, Flächenaufteilung der Verkehrsangebote, Verkehrsnachfrage und den Auswirkungen zukünftiger Einbindung neuer Mobilitätsangebote und Fahrzeugkonzepte gemeinsam mit Stakeholdern betrachtet. Im Dialog mit der Bevölkerung, kommunalen Verwaltungen und Verkehrsunternehmen sowie Gewerbetreibenden werden gemeinsam Lösungsansätze für eine potentielle Implementierung entwickelt und getestet. Diese Lösungsansätze gewährleisten den Transfer individueller Bedarfe und unternehmensspezifischer und kommunaler Anforderungen in übertragbare und skalierbare Anwendungen in der regionalen Praxis. Sie dienen darüber hinaus als individualisierbare Vorlagen für weitere Anwendungen.

Transfer durch Einbindung von Projektpaten

Projektpaten aus Verkehrsunternehmen, öffentlichen Institutionen und Kommunen sowie Unternehmen aus dem Mobilitäts- und Logistikbereich werden mit ihren Anforderungen und Erfahrungen aus der Praxis in die Arbeiten des Projekts VMo4Orte eingebunden. Mit ihnen werden im Projekt einzelne Lösungsbausteine und entstehende Mobilitätskonzepte weiterentwickelt und in Demonstratoren umgesetzt. Folgende Projektpaten sind in VMo4Orte eingebunden (Stand Okt. 2022):

  • Senatsverwaltung Berlin
  • Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg
  • Vodafone
  • Regionalverband Großraum Braunschweig
  • Bundesverband Paket & Expresslogistik BIEK
  • Berlin Partner
  • WISTA GmbH
  • DHL
  • GESOBAU
  • LNC Berlin
  • Onomotion GmbH
  • KIEZBOTE
  • Bringmeister
  • Logistiknetzwerk Berlin Brandenburg
  • eMO
  • BdKEP
  • Vitronic
  • highQ Computerlösungen GmbH
  • Stadtwerke München
  • Nahverkehr Rheinland (NVR)
  • Bezirksamt Treptow-Köpenick
  • Flughafen Hamburg
  • Vereinigung Passagier
  • Verkehrs- und Traifverbund Stuttgart GmbH (VVS)
  • Mercedes Benz Group
  • Stadt Hamburg, Behörde für Verkehr und Mobilitätswende
  • Ministerium für Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen
  • Volkswagen AG

 

Projekt und Teilprojekte

VMo4Orte wird aus Eigenmitteln des DLR gefördert. 19 Institute und Forschungseinrichtungen des DLR sind daran beteiligt. Geleitet wird das Projekt durch das Institut für Verkehrsforschung. Die Bearbeitung erfolgt in vier miteinander eng verknüpften Teilprojekten (TP). Jedes der vier Teilprojekte wird durch eine Teilprojektleitung geleitet.

 

Ziel des Teilprojektes „Stadt und Umland“ ist die Identifikation und Entwicklung von maßgeschneiderten Mobilitätslösungen und Konzepten zur Transformation des Verkehrs und zur Gestaltung von urbanen und suburbanen Räumen mit hoher Lebensqualität.

Die Hauptfragestellungen des Teilprojekts sind:

  • Wie sollten lebenswerte Quartiere gestaltet werden?
  • Welche Nutzungsszenarien sind für quartiersbezogene Fahrzeugkonzepte für Personen- und Güterverkehr sinnvoll?
  • Welche Mobilitätsangebote sollen in Quartieren geschaffen werden, um eine bedarfsgerechte Nutzung zu ermöglichen?
  • Wie können Servicekonzepte für Mikrodepots und klimaschonende Last-Mile-Delivery umgesetzt werden?

Die Methodik wird dabei im Rahmen von zwei Demonstratoren gezeigt und
evaluiert:

Der Demonstrator „City-Logistik“ zeigt den Einsatz eines stadtweiten Mikrodepot-Netzwerks auf. Dabei werden geeignete Standorte für Mikrodepots eruiert sowie Betreibermodelle unter kommunaler Beteiligung ermittelt.

Der Demonstrator „Mobilitätswende vor Ort“ zeigt am Beispiel des Lausitzer Platzes in Berlin, welche Wirkungen neue Fahrzeugkonzepte (z.B. autonome Shuttles), neue Mobilitätsangebote, Technologien und Antriebe auf den Modal Split, Erreichbarkeit von Orten, Luftschadstoff- und Lärmmissionen haben können. In partizipativen Prozessen mit Stakeholdern aus dem Bezirk, der Bevölkerung und Wirtschaft werden Handlungsempfehlungen für die Implementierung des neuen Mobilitätskonzepts entwickelt und die Generalisierung auf andere geographische Räume evaluiert.

Kontakt: Dr. Simon Nieland, simon.nieland@dlr.de; DLR, Institut für Verkehrsforschung, Berlin

Das Teilprojekt widmet sich der Erforschung des Zusammenspiels von Mobilität und der Rolle, die insbesondere Verkehrsknoten und die sie verbindenden Verkehrsnetze hierbei leisten können. Hierbei soll außerdem der Anspruch, individuelle Mobilität nachfragegerecht und klimaneutral zu ermöglichen besonders berücksichtigt werden.

Zu den Lösungselementen zählen:

  • Verknüpfung bestehender und neuartiger Mobilitätsangebote zu sogenannten intermodalen Verkehrsangeboten. Hierzu zählen insbesondere flexible, bedarfsorientierte öffentliche Verkehre („Demand Responsive Transport“), kombinierte Bus- und Flugreisen („Bus&Fly“) oder die Kombination des intermodalen Güterfernverkehrs mit dem Deutschlandtakt des Personenverkehrs. Wird eine Reise von Start bis Ziel integriert verstanden und vermarktet, ergeben sich zahlreiche neue Angebote für Reisende, um von A nach B zu gelangen. Die Überwindung der Trennung einzelner Angebote (z.B. Bahn, Flugzeug, Bus) hin zu modularen Bausteinen individueller Reiseketten könnte die Attraktivität öffentlicher Verkehrsangebote massiv steigern.
  • Die gezielte Verbindung von motorisiertem Individualverkehr und öffentlichen Verkehr über attraktive Umsteigeknoten beinhaltet die Chance, neue Kundengruppen für öffentliche Verkehrsangebote zu gewinnen, die bisher durchgängig auf das Automobil allein gesetzt haben.
  • Die Entwicklung neuer Serviceelemente (z.B. neuartiges Gepäck- und Paketdiensttransportsystem, nutzerzentrierte Navigation, Verfügbarkeit von Wasserstoff als Energieträger für Verkehrsmittel, keimfreies Reisen), die die Attraktivität der Netze an Mobilitätshubs erhöhen.

Als Fallbeispiel und Demonstrator dient der „Hauptbahnhof Köln“, der als digitaler Zwilling umgesetzt wird. Der Zwilling dient als Verkehrsmanagementgrundlage, um Veränderungen in Netz- und Knotenstruktur bzw. -services zu untersuchen und deren Wirkungen auf die Verkehrsnachfrage zu evaluieren.

Kontakt: Dr. Erik Grunewald, erik.grunewald@dlr.de; DLR, Institut für Verkehrssystemtechnik, Braunschweig

Das Teilprojekt widmet sich der Erarbeitung ökologisch vorteilhafter und zugleich ökonomisch tragfähiger und sozial ausgewogener Lösungen für das Verkehrssystem der Zukunft. Dies gilt für alle Verkehrsträger und sowohl im Nah- als auch im Fernverkehr. Dabei dienen ökonomische Kriterien wie z. B. gesamtwirtschaftliche Kosten, der Nutzen von Reisenden, Beschäftigungseffekte, Umsätze und das Verhältnis von Investitionskosten im Vergleich zu eingesparten Emissionen als Entscheidungsunterstützung zur Gestaltung von Technologie- und Innovationspfaden, Geschäftsmodellen, politischen Maßnahmen und Rahmensetzungen. Beispielsweise wird untersucht, mit welchen Einsparungen an klimarelevanten Gasen durch die Umsetzung des im Jahr 2021 von der EU-Kommission vorgeschlagenen ‚Fit-for-55-Pakets‘ bei ausgewählten Verkehrssektoren zu rechnen ist und welche ökonomischen Effekte (Kosten, Umsätze, Beschäftigung, Wettbewerb) damit verbunden sind. Hier betrachten wir den Zeitraum 2019-2040.

Zu den im Rahmen des TP 3000 erarbeiteten Lösungen zählen:

  • Einführungsstrategien von Verkehrsinnovationen wie zum Beispiel neue Energieträger an Verkehrsknoten oder bedarfsorientierte, flexible und intermodale Verkehrsangebote im öffentlichen Verkehr
  • Handlungsoptionen und Empfehlungen für Politik und Wirtschaft in Bezug auf ökonomische Effekte von geschäftsmodellbasierten Innovationen (z.B. nachhaltige Kraftstoffe, Mobilitätsangebote) und politische Maßnahmen und
  • volkswirtschaftliche Effekte von Resilienzmaßnahmen (Widerstandsfähigkeit bei krisenhaften Entwicklungen) im Verkehrsbereich

Im Ergebnis entwickeln wir Geschäftsmodelle für Innovationen (z.B. nachhaltige Kraftstoffe, Mobilitätsangebote) und politische Maßnahmen​, Einführungsstrategien von Verkehrsinnovationen in die Wirtschaft​ und geben Handlungsoptionen und Empfehlungen für Politik und Wirtschaft in Bezug auf die ökonomischen Effekte von geschäftsmodellbasierten Innovationen und politischen Maßnahmen.

Die im Projekt entwickelten Geschäftsmodelle werden in enger Kooperation mit den Paten in Demonstratoren entwickelt und aufgebaut. Im Fokus stehen

  • die Einführung nachhaltiger Kraftstoffe (insb. Wasserstoff) an einem oder mehreren mittelgroßen Flughäfen in Deutschland und
  • die Angebotserweiterung des ÖPNV unter Berücksichtigung aktueller Entwicklungen

Kontakt: Dr. Janina Scheelhaase, janina.scheelhaase@dlr.de; DLR, Institut für Flughafenwesen und Luftverkehr, Köln

Ziel des Teilprojekts ist es, klimafreundliche Mobilität durch den Entwurf von Fahrzeugkonzepten für die Straße und die Schiene zu fördern, die nutzerorientiert mit erneuerbaren Energien zur Mobilitätswende beitragen.

Hierfür werden in diesem Teilprojekt:

  • Anforderungen an Fahrzeuge erhoben – aus der Perspektive von Nutzer:innen und mit Blick auf die Umwelt, soziale Auswirkungen und Kosten
  • Neue Konzepte für nachhaltige Fahrzeuge entwickelt und der technologische Reifegrad bestehender modularer, nutzer- und nutzungsorientierter Fahrzeugkonzepte erhöht
  • Ingenieurstechnische Werkzeuge und Methoden für die Entwicklung modularer, nutzer- und nutzungsorientierter Fahrzeugkonzepte bereitgestellt, um Fahrzeuge effizienter weiterentwickeln zu können und weitere Innovationen zu unterstützen

Die Fahrzeugkonzepte für die Schiene und Straße werden als Demonstratoren zum Teil als Mock-Up und virtuelle Demonstratoren als maßgeschneiderte Lösungen für verschiedene Verkehrsanwendungen umgesetzt.

Für die Fahrzeugkonzeption werden dabei komplexe Anforderungen wie z.B. spezifische Kundenerwartungen, Akzeptanzprobleme und Sicherheitsbedenken, Auswirkungen auf verkehrliche und logistische Prozesse oder wirtschaftliche Hürden durch die Nutzung neuer Technologien und Gesamtfahrzeugkonzepte berücksichtigt.

Kontakt: Mascha Brost, Mascha.Brost@dlr.de; DLR, Institut für Fahrzeugkonzepte, Stuttgart

Projektlaufzeit

2022 bis 2024

Budget

21.993 T€

Beteiligte Institute